Eine
Anmerkung zu den Arbeiten von Paolo Monti
Ervin Laszlo, Präsident des Clubs von Budapest
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Paolo Monti ist ein bemerkenswerter Künstler, der in seiner künstlerischen
Arbeit Einsichten der neuesten naturwissenschaftlichen Theorien
verwendet. Er
wendet sich von einer rein bildnerischen Wiedergabe ab und wechselt über zu
einem dynamischen Konzept von Beobachter und Beobachtetem,
von Mensch und
Universum. |
Das geschieht in vollständiger Übereinstimmung mit den Visionen, die
an der Front der Naturwissenschaften entstehen. Diese Visionen bilden für unser
Leben eine Quelle des Sinns und eine Orientierungslinie für unsere Hoffnungen
und Erwartungen. Wie wir uns gegenseitig und gegenüber der Natur verhalten,
hängt nicht nur von den Zufällen unserer Erziehung und unserer täglichen
Begegnungen ab, sondern auch von unserer grundlegenden Auffassung von der Natur,
vom Leben, und vom lebenden und denkenden menschlichen Wesen.
Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, diese Auffassungen werden auf subtile
Weise bestimmt von dem was wir über das Weltbild wissen, welches die
Naturwissenschaften verbreiten. Wenn wir glauben, dass die Natur ein lebloser
Mechanismus sei, eine Sammlung stiller Gesteinsbrocken, dann kommen wir zu dem
Schluss, dass wir berechtigt sind, damit beliebig umzugehen, solange wir dabei
nicht gegen unsere eigenen Interessen verstossen. Die Wahl unserer Technologien
wird diesen Glauben widerspiegeln: wir werden uns für mächtige Maschinen
entscheiden, um mit ihnen der Umwelt Energien und Materialien zu entnehmen, sie
zu transformieren, zu verbrauchen und wegzuwerfen. Wenn wir Tiere und andere
Menschen nur als komplexe Maschinen betrachten, dann werden wir sie auch
manipulieren: wir werden ihre nichtfunktionierenden Teile und Organe
herausschneiden, ihre Gene zerlegen, oder die Schaltungen ihrer Hirne neu
verdrahten. Wir werden auch das soziale und politische Verhalten der Menschen
manipulieren, ihre Arbeit, sogar ihren Lebensstil und ihr Konsum- und
Freizeitverhalten.
Aber die gegenwärtige Welle der Veränderung, die sich durch die
Naturwissenschaften bewegt, lässt die letzten Reste des mechanistischen Blickes
auf Leben, Geist und Universum hinter sich zurück. Raum und Zeit werden zum
dynamischen Hintergrund des beobachtbaren Universums vereint; die Materie
verschwindet als fundamentale Erscheinung der Realität, und zieht sich vor der
Energie zurück; und kontinuierliche Felder ersetzen diskrete Teile als
grundlegende Elemente des Energie-basierten Kosmos. Und das letzte Schicksal
dieser Welt ist nicht mehr ein Eintauchen in das Grau einer lauwarmen und ewig
unveränderlichen Leere, sondern könnte ohne weiteres eine zyklische
Selbsterneuerung sein in einem sich selbst schaffenden, selbst energisierenden
und sich selbst organisierenden Mega-Universum.
Die Natur - das Universum als solches - ist kein passiver Gesteinsbrocken und
keine leblose Maschine. Die Menschen sind keine komplexen Maschinen, und nicht
voneinander und von der Umwelt getrennt, sondern tief, wenn auch auf subtile
Weise miteinander verbunden. Der ganze Kosmos pulsiert mit der kreativen Energie
der Selbst-Organisation, die sich beständig entfaltet, mit periodischen
Ausbrüchen explosiver Innovation. Und all das, was wir erblicken, tritt mit uns,
den Betrachtern, in subtile, aber beständige Interaktion. Wenn wir dieses
Konzept vom Menschen und vom Universum pflegten, würden wir uns nicht
gegenseitig und im Umgang mit der Natur in der mechanistischen und gedankenlosen
Art und Weise verhalten, wie wir es heute noch tun.
Das Konzept einer subtil verbundenen Welt, in der und durch die wir eng
miteinander und mit dem Universum verkettet sind, an die wir durch unseren
Intellekt assimiliert sind und die wir mit unseren Herzen umfangen, könnte die
Antwort der Menschheit sein auf die Herausforderungen, denen wir uns gemeinsam
stellen müssen. Bei der Formulierung dieser Antwort spielt die Kunst durch ihr
eigenes ästhetisches Medium eine wichtige Rolle. Wir müssen Paolo Monti dankbar
sein dafür, dass er uns durch seine Kunst offenbart, dass wir ein Teil der uns
umgebenden Welt sind, Teil einer beständig sich verändernden Wirklichkeit, die
sich an der Oberfläche kaleidoskopisch gibt, die aber auf einer tieferen und
wissenschaftlich informierteren Ebene oder auf einer ästhetisch intuitiven and
verfeinerten Ebene Bedeutung und Signifikanz besitzt.
Ervin Laszlo,
Gründer des Clubs von Budapest, wurde 1932 in Budapest geboren. Er
ist Mitglied des Clubs von Rom, der
internationalen Akademie der Wissenschaften,
wissenschaftlicher Berater der UNESCO, Rektor der Wiener Akademie. Er ist
Philosoph, Naturwissenschaflter, Pianist and Author von mehr als 50 Büchern. Er
hat Vorträge und Vorlesungen an zahlreichen Universitäten gehalten, darunter
Yale, Princeton und der Staatsuniversität von New York.
"A Note on Paolo
Monti’s Work" von Ervin Laszlo, wurde erstmals in Paolo
Monti (MUSIS, 1998) ISBN 88-87054-01-0
veröffentlicht und präsentiert in der Kollektion von ausgewählten Texten
produziert für die persönliche Kunstausstellung von Paolo Monti,
Vierdimensional²
, Konstanz (Deutschland), 2001. |